(zurück zum Teil 1: 2007 Sommer Tour de France)
Strand von St.-Jean-de-Luz
Zusammengepackt und
entlang der Pyrenäen Richtung Atlantik gebrummt. Die Berge lagen im
schönsten Licht und wir versuchten die Kinder zu überzeugen, dass
ein klitzekleiner Zwischenstop bei den Geiern im Gebirge das Größte
sei. Keine Chance. Die Brut wollte an den Atlantik, "wo es
richtige Wellen gibt und man surfen kann". Was sollten wir
machen, die Pyrenäen zogen an uns vorbei - der Urlaubszettel bekam
eine weitere Notiz: "Beim nächsten Mal unbedingt Geier gucken"
- und nach 530 Kilometern erreichten wir den Campingplatz "Itsas Mendi" nahe St.
Jean-de-Luz.
Der Eingang machte einen
netten Eindruck und wir bekamen ein Plätzchen. Das war winzig und
ein Nachbar hatte schon einen Teil mit seinem Zelt belegt. Zurück
und nach was Größerem gefragt. Bekamen wir auch, und beim Aufbauen
fuhr in ca. 100 Metern Entfernung eine Lokomotive vorbei, nanu? Dann
kamen noch mehr Loks, die hatten Personen- und Güterwagen angehängt,
Mist! Die Kinder waren aber vom Pool mit super Rutsche begeistert,
also blieben wir. Die Nacht war "musikalisch". Zu den
"sanften" Rap-Klängen der Jugendbande vom Nebenplatz gaben
die Güterzüge den Hintergrundsound ab und die LKWs der nahen
Autobahn, die hatten wir zunächst nicht bemerkt, lieferten den Takt
dazu. Mitternacht stellten wir den Wecker auf sieben Uhr und um neun
Uhr waren wir vom Platz. Die Kakophonie hatte uns auch noch fast 50
Euro für eine Nacht gekostet.
In St. Jean-de-Luz
gefrühstückt und nach einem schönen Platz gesucht. Die
Beschreibung von "Le
Goyetchea", 15 Kilometer im Hinterland, klang gut. Angerufen:
"Ja, wir haben Plätze frei". Die Kinder waren ob der
Hauruck-Aktion gefrustet und knurrig und wollten am liebsten gleich
nach Hause. Doch der Campingplatz bei Saint-Pee-sur-Nivelle entpuppte
sich als Volltreffer. Gras auf den Parzellen, Schatten spendende
Bäume, netter Pool, große Stellplätze und sehr ruhig. Auch nach
neun Tagen können wir sagen: ein wunderbarer Platz.
Strand südlich von
Biarritz, im Hintergrund die Pyrenäen
Links: Badestrand bei
Bidart - Mitte und rechts: Badebucht etwas südlich von Biarritz
Am nächsten Tag: Ab zum
Atlantik. Das Wasser hatte überraschenderweise 20 Grad, die Wellen
sind hier an diesem Küstenstreifen klasse und der Nachwuchs war kaum
aus den Fluten zu kriegen. Dank der Buchten findet man immer
geschützte Badestellen, wo auch Kleinkinder in den Prielen planschen
können. Unser Lieblingsstrand lag bei Bidart und ein kleinerer nahe
Biarritz. Wir nehmen immer einen bewachten Abschnitt, die Gezeiten
und vor allem die Querströmungen sind mächtig und für Landratten
schwer einzuschätzen. Die französischen Rettungsschwimmer sind
mittlerweile gut organisiert und ausgerüstet; früher war das mal
anders.
Die Küste im Baskenland
(Cote des Basques) gefällt uns wesentlich besser als weiter nördlich
der riesige Küstenstreifen von Vieux-Boucau bis hinter Bordeaux.
Während dort nur Dünen und Millionen von Kiefern langweilen,
wechselt die Landschaft im Baskenland mit kleinen Buchten,
Felsformationen und den im Hintergrund ins Meer abfallenden Pyrenäen
ständig. Auf der direkten Straße am Meer bieten sich hinter jeder
Kurve neue Ausblicke. Leider wissen nicht nur wir das und es ist
entsprechend voll - aber nicht mit der überfüllten Mittelmeerküste
zu vergleichen. Hier kann jeder sein Plätzchen finden.
Links: Bucht bei St.
Jean-de-Luz - Rechts: Grand Hotel in St. Jean-de-Luz
Nach zwei Badetagen
brauchten wir Abwechselung und da bot sich St. Jean-de-Luz an. Das
kleine Städchen liegt direkt an der Cote des Basques, seine weit
schwingende Bucht schützt den recht großen Hafen. Der Ort hat
Tradition, schon 1660 heiratete hier Ludwig XIV. eine spanische
Infantin. Daran erinnert der zentrale Platz (Place Louis XIV). Im
Sommer bestimmen Cafes mit gedeckten Tischen und Bars die Szenerie
und in der Mitte des Platzes zeigen Künstler ihre Gemälde. Das
Repertoire reicht von der baskischen Version des "Sigismund
Rüstig in Seenot" bis zu ganz ansprechenden Bildern.
Links: Schokolade mit
Chili aus der Region - Rechts: An der Decke hängende Schinken,
Altstadt von St. Jean-de-Luz
Die Altstadt mit ihren
verwinkelten Gassen und Spezialitätengeschäften geht bis an den
Strand. Nicht billig hier, aber schön zu bummeln. Entlang der Bucht
sind prächtige Hotels entstanden. Beeindruckend das restaurierte
Grand Hotel mit seiner 100 Jahre alten Fassade.
San Sebastian
Auf San Sebastian hatten
wir uns schon die ganze Zeit gefreut. Wann immer es geht besuchen wir
die spanische Stadt mit ihrer weit geschwungenen Bucht La Concha (die
Muschel) und dem markanten Berg Urgull, auf dem wie in Rio de Janeiro
eine Christusfigur die ganze Szenerie überragt. Traditionell
beginnen wir mit einem Spaziergang durch den Hafen. Dieser liegt in
der Bucht hinter dem Monte Urgull und ist gut geschützt vor den
Stürmen des Atlantiks. Noch heute laufen hier kleine Fischerboote
ein, und man kann das Seegetier in den umliegenden Geschäften
kaufen.
Links: Deckel des
Schneckengehäuses mit einer Nadel abheben - Mitte: Schnecken- und
Garnelen-Verkäufer - Rechts: Lecker, was?
Standen im alten Hafen
früher viele Verkäufer, die in gedrehten Zeitungstüten kleine
gesottene Schnecken (caracoles) anboten, so sind es jetzt nur noch
wenige Rentner, die die Tüten mit dem schwarzen Getier anbieten.
Macht nix, zur gruseligen Begeisterung unserer Kinder haben wir eine
nach der anderen verputzt. Man hebt mit einer Stecknadel den Deckel
des Schneckenhauseingangs ab und holt sie dann mit der Nadel aus dem
Gehäuse. Das Fleisch ist kräftig und würzig.
Gerade im Hafen zeigt sich
der Wandel in Spanien. Anfang der 70er Jahre war es noch ein
quirliges und raues Gebiet. Am Sonntag gingen Hunderte von spanischen
Familien hier spazieren. Schneckenverkäufer allenthalben, auch noch
Ende der 80er. Die Schneckenhäuser wurden auf den Boden geworfen,
bisweilen knirschte es beim Gehen. Heute ist alles fein gemacht. Ich
traute mich nicht mehr, die Schneckenhäuser einfach wegzuwerfen -
ok, ist nicht mehr in. Die Fischbuden haben weitgehend Restaurants
Platz machen müssen und das Kopfsteinpflaster wich einem
08/15-Ornament-Straßenbelag, könnte auch vor dem Hauptbahnhof in
Hannover, Bielefeld oder sonstwo sein.
Links: Rechts: Hohe
Brandung am Monte Urgull - Rechts: Spaziergang um den Monte Urgull
Vom Hafen aus geht der Weg
rund um den Monte Urgull. Meterhohe Wellen donnern oft auch bei
ruhigem Wetter gegen die Felsen, Gischt sättigt die Luft und der
Geruch des Meeres dringt in alle Poren. Am Ende des Weges landet man
wieder in der Altstadt und wir stürzten uns in das Getümmel der
Gässchen.
Links: Placa de Kataluna,
der zentrale Platz in der Altstadt - Mitte und Links: Gassen in der
Altstadt von San Sebastian, sie füllen sich abends
Die Altstadt von San
Sebastian vibriert am Wochenende. Von überall her kommen Spanier und
beginnen ihre traditionelle Runde. Man geht in Gruppen in eine der
vielen kleinen Bars, isst ein paar "Pinchos", trinkt was
und zieht in die nächste Kneipe. Das Ganze ist kein Besäufnis,
sondern eine kulinarische Reise mit Freunden.
Links: Typische Bar -
Mitte: Die Pinchos werden auf dem Tresen angeboten - Rechts: Der
Barkeeper gießt den Weißwein Txakoli auf traditionelle Art ein
Die Hauptstadt der
Autonomen Region Baskenland ist auch die Haupstadt der Pinchos. Das
sind kleine Appetithäppchen, eine besondere Art von Tapas. Nur hat
man die Zubereitung der Tapas im Baskenland perfektioniert. Die
langen Bartresen biegen sich unter der Last der Leckereien: Weißbrot
mit Chorizo, Fleischspießchen, in Knoblauch-Olivenöl gesottene
Champignons, Fisch- und Fleischhäppchen in allen Zubereitungsarten,
in Essig und Öl eingelegte Sardellen, Serrano-Schinken. Viele Bars
bieten ihren Gästen noch eigene Spezialitäten an.
Alle Bilder: Pinchos in
allen erdenklichen Varianten - Hunger?
Die Bars sind eng, voll
und lebendig. Die flinken Barmänner reichen Leckereien, scherzen mit
Gästen, rufen einem Bekannten was zu, die Luft schwirrt vor Stimmen.
Wir stehen immer am Tresen und genießen das Essen und die
Atmosphäre. Zu den Pinchos wird ein kleines Bier (0,1 L.) oder ein
Gläschen Wein getrunken. Den lokalen jungen Weißwein Txakoli
schenkt der Patron aus etwa einem Meter Höhe ins Glas. Ein
Schauspiel, das der Barmann ausgiebig zelebiert. Die Pinchos haben
meist Einheitspreise und am Ende wird gezahlt, immer fair. Wir lassen
unseren Rundgang ruhig angehen, um in der nächsten Bar, die wieder
ein neues Schmankerl hat, nicht schon satt zu sein. Für einen Abend
hier machen wir Einiges. So sind mal auf einer Rückreise von
Santiago de Compostella die 700 Kilometer bis Donostia (so der
baskische Name von San Sebastian) fast durchgefahren. Die Stimmung
und das Essen in den Bars haben uns am Abend mehr als entschädigt.
Guggenheim-Museum in
Bilbao
Nach den Pinchos erholten
wir uns einen Tag am Meer, aber Spanien lockte, ist ja "um die
Ecke". Das Guggenheim-Museum in Bilbao lag in "Schlagdistanz"
und wir eröffneten dem Nachwuchs, dass wir morgen was Tolles machen
würden: "Wir besuchen ein Museum!" Als ihre
Fassungslosigkeit in Widerstand überzugehen drohte, schwärmten wir
von einem krassen Haus, das wie eine gefaltete Silberschachtel
aussieht, außerdem entfalle der Wandertag. Brummend willigte die
Brut ein.
Links: Das
Guggenheim-Museum in Bilbao - Rechts: Der Haupteingang des Museums
Die silbern schimmernden
Außenflächen des Museums, die wie ineinander verschränkte
Schiffsrümpfe aussehen, fangen den Blick des Betrachters ein. Die
Kinder waren beeindruckt, rasten die riesige Treppe zum Eingang
hinunter, neugierig, wie es von innen wirken würde. Es macht
beschwingt, irre und besoffen, dieses Museum. Flächen, Wände,
Balkone und Ebenen schwingen ineinander, kaum rechte Winkel, das Auge
kann sich nicht satt sehen. Allein der Bau ist überwältigend.
Links: Große Freitreppe -
Rechts: Museumseingang
Teilansichten vom Fluss
aus gesehen
Links: Detailansicht -
Rechts: Haupteingang des Guggenheim-Museums
Auf der Freifläche zum
Fluss
Trotz seiner spektakulären
Architektur lenkt das Guggenheim-Museum in Bilbao nicht von den
Ausstellungsstücken ab. Wir waren überrascht, wie klar die
Innenräume die Bilder von Anselm Kiefer zur Geltung bringen. Vor
allem die begehbaren Eisenskulpturen von Walter Serra nahmen uns
gefangen. In den etwa fünf Meter hohen Ellipsen und Ovalen aus fünf
Zentimeter dickem Stahl (40 Tonnen) verändert sich der Raum mit
jedem Schritt, die Zeit (des Gehens) bestimmt den Raum. Wir mussten
ab und zu stehen bleiben, da das Gehirn gegen die scheinbar auf einen
zukommenden und weggehenden Wände rebellierte, es fehlte eine
Senkrechte als Orientierung. Wir alle waren nach einem Tag Museum so
"gesättigt", dass wir zu müde waren, um noch einen Bummel
durch die Stadt zu machen. Zum Abschluss begeisterte uns noch die
Autobahnfahrt entlang der Pyrenäen zurück nach Frankreich. Die
Straße ist teilweise in den Felsen hieingehauen worden. Die Berge
leuchteten im Abendlicht.
Ursprünglich wollten wir
auf dem Rückweg nach Hamburg noch drei bis vier Tage die Normandie
erkunden. Doch die Wetterfrösche im Internet meldeten: Nördlich von
Bordaux überall schlechtes Wetter. Nach einigem Hin und Her
beschloss der Familienrat, die Tage auf dem schönen Campingplatz im
Baskenland zu bleiben. Strand war angesagt. Das war keine schlechte
Entscheidung.
Heimreise über die
Normandie
Blick auf Fecamp
Die Heimreise führte uns
dann doch noch mit einer Übernachtung in die Normandie. Schweren
Herzens bauten wir unsere Zelte ab und fuhren an einem Tag rund 880
Kilometer über Bordeaux, Poitiers, Le Mans in das kleine
Hafenstädchen Fecamp am Ärmelkanal. Dort hatten wir bei einer
früheren Reise das kleine Hotel Ferme de la Chapelle oben in den
Klippen entdeckt, in dem wir auch dieses Mal übernachteten. Als es
am nächsten Morgen nach Hamburg ging, bekam die alte Notiz auf
unserem Urlaubszettel - "Normandie besuchen" - ein weiteres
dickes Ausrufezeichen. Irgendwann wird auch in der Normandie die
Sonne scheinen und dann kommen wir wieder.
Links: Veulettes-sur-Meer,
Normannische Küste - Rechts: Yport
Unsere Reiseroute, ca.
6000 Kilometer in 25 Tagen
Für die rund 1470
Kilometer der ersten Etappe von Hamburg nach Castellane in der Haute
Provence (CP: Gorges du Verdon) brauchten wir insgesamt zwei Tage,
"netto", siehe Abfahrt 20.00 Uhr. Von Castellane bis Clermont
l'Herault im Languedoc (CP: Camping Municipal Le Salagou) sind es
rund 360 Kilometer, ein knapper Tag Reise. Von hier bis ins
Baskenland (CP: Camping Le Goyetchea) sind es rund 530 Kilometer,
Reisezeit ein Tag. Die 870 Kilometer vom Baskenland bis Fecamp in der
Normandie schafften wir auch an einem Tag. Am nächsten Tag spulten
wir die 980 Kilometer nach Hamburg ab. Da wir in der Normandie
vormittags immer noch an der Küste rumbummeln, erreichten wir die
Hansestadt nachts um 2.00 Uhr. Reine Distanz: 4210 Kilometer, mit
Rundfahrten - u. a. Mittelmeerküste, Spanien - ca. 6000 Kilometer. Unser damals 21 Jahre alter
BMW 325 eta hat die 6000 Kilometer lange Reise problemlos abgespult.
Dass der Ventilator ausfiel, machte nichts. Wir hatten ja die beste
Klimaanlage der Welt: Fenster auf!
Kurzer Hinweis zu den
Campingplätzen: Die Preise gelten jeweils für zwei Erwachsene,
zwei Kinder (12 und 14 Jahre) zwei Zelte und ein Auto, ohne Strom.
"Gorges du
Verdon": Clos d'Aremus, Chasteuil, 04120 Castellane. 28 Euro/Tag. Der
Platz ist nett, etwas unruhig, da ihn eine Straße teilt.
"Camping Municipal Le
Salagou": 34800 Clermont l'Herault. 18,40 Euro/Tag. Der Platz hat
schöne Ecken, wirkt insgesamt aber relativ ungepflegt.
"Itsas Mendi": Acotz,
64500 Saint-Jean-de Luz. 46 Euro/Tag, 3 Euro/Tag für Kühlschrank =
49 Euro. Zwar ein super Pool mit riesiger Rutsche. Aber enge
Parzellen und eine vielbefahrene Bahnlinie und die Autobahn führen
in direkter Nähe vorbei. Nix für uns - wir konnten hier nicht
schlafen, es war einfach zu laut.
"Camping Le
Goyetchea": 64310 St. Pée sur Nivelle. 27,50 Euro/Tag. Wir und die
Kinder liebten den Platz. Schöner Baumbestand, viele Büsche und
Blumen, große Parzellen, gepflegt, netter Pool und sehr ruhig.
|